Am Rande des malaysischen Regenwaldes im Nordosten Borneos liegt mit dem Sepilok Orangutan Rehabilitation Centre bei Sandakan ein besonderer Ort, an dem bedrohte Orang-Utans eine zweite Chance auf ein freies Leben erhalten. Hier treffen beeindruckende Natur, aktiver Artenschutz und nachhaltiger Tourismus aufeinander – ein Muss für jeden Borneo-Reisenden.
Lage und Anreise: Wo liegt das Sepilok Orangutan Rehabilitation Centre?
Die Einrichtung befindet sich im malaysischen Bundesstaat Sabah auf der Insel Borneo, etwa 25 Kilometer westlich der Stadt Sandakan. Die Einrichtung liegt am Rande des Kabili-Sepilok-Forest-Reserve, einem geschützten Tieflandregenwald mit einer Fläche von über 4.300 Hektar. Der Zugang erfolgt bequem über eine gut ausgebaute Straße von Sandakan aus – entweder mit dem Taxi, einem Mietwagen oder lokalen Minibussen. Der nächstgelegene Flughafen ist der Sandakan Airport, der regelmäßig von Kota Kinabalu und Kuala Lumpur aus angeflogen wird. Diese verkehrsgünstige Lage macht Sepilok zu einem der weltweit bekanntesten Orte zur Beobachtung und zum Schutz der vom Aussterben bedrohten Orang-Utans.
Geschichte des Zentrums: Pionierarbeit seit 1964
Das 1964 gegründete Sepilok Orangutan Rehabilitation Centre war eines der ersten Rehabilitationszentren für Orang-Utans weltweit. Das Ziel besteht darin, verwaiste, verletzte oder in Gefangenschaft gehaltene Orang-Utans zu retten, medizinisch zu versorgen und auf ein Leben in freier Wildbahn vorzubereiten. Viele der Tiere sind Opfer des illegalen Haustierhandels oder wurden durch Abholzung und Brandrodung aus ihren Lebensräumen verdrängt. Das Zentrum verfolgt einen sanften Rehabilitationsansatz: Die jungen Orang-Utans lernen von erfahrenen Artgenossen und menschlichen Pflegern, wie sie in freier Wildbahn überleben können, beispielsweise wie man Futter findet, sich fortbewegt oder Nester baut. Der Erfolg spricht für sich: Viele der Tiere kehren erfolgreich in die Wildnis zurück und leben teilweise selbstständig im angrenzenden Regenwald.
Der Rehabilitationsprozess: Vom Waisen zum Wildtier
Die Rehabilitation im Sepilok Centre ist ein mehrstufiger, langfristiger Prozess. Zunächst kommen die Tiere in eine Quarantänestation, um Krankheiten auszuschließen und sie langsam an ihre neue Umgebung zu gewöhnen. In der anschließenden „Waldschule” lernen sie über mehrere Jahre hinweg alles, was sie zum Überleben benötigen. Erst wenn ein Orang-Utan ausreichend Fähigkeiten entwickelt hat, darf er den Schritt in die Freiheit wagen. Dabei verfolgt das Zentrum eine klare Strategie: So wenig Kontakt wie möglich, so viel Hilfe wie nötig. Menschliche Interaktion wird bewusst minimiert, um eine Rückkehr in ein unabhängiges Leben zu ermöglichen.
Besuchserlebnis: Was erwartet Besucher in Sepilok?
Das Zentrum ist nicht nur ein Ort des Artenschutzes, sondern auch ein bedeutendes Ziel für Bildung und Ökotourismus. Besucher haben die Möglichkeit, Orang-Utans aus nächster Nähe zu beobachten – und das auf ethisch verantwortungsvolle Weise. An zwei Fütterungszeiten am Tag (in der Regel um 10:00 Uhr und 15:00 Uhr) können die Tiere an der Plattform im Regenwald beobachtet werden. Die Fütterungen dienen jedoch nicht primär der Versorgung, sondern sind Teil eines Übergangsprozesses: Nur Tiere, die noch nicht vollständig unabhängig sind, nehmen regelmäßig daran teil.
Im Besucherzentrum gibt es eine informative Ausstellung über die Lebensweise der Orang-Utans, ihre Bedrohungen und die Arbeit des Rehabilitationszentrums. In einem Video-Raum werden Dokumentationen gezeigt und ein Holzsteg führt durch ein Stück des Regenwaldes, in dem die Tiere frei leben. Oft begegnet man den Tieren auch auf den Wegen. Dabei ist zu beachten, dass man Abstand hält und die Tiere nicht füttert. Eine weitere Attraktion ist das benachbarte Bornean Sun Bear Conservation Centre.
Praktische Tipps für Besucher
- Beste Reisezeit: Die Trockenzeit zwischen März und Oktober ist ideal, auch wenn es in Borneo ganzjährig feucht-warm ist.
- Eintritt: Das Zentrum erhebt eine geringe Eintrittsgebühr, die direkt dem Erhalt und Betrieb zugutekommt. Für das Fotografieren mit professioneller Ausrüstung kann eine zusätzliche Gebühr anfallen.
- Verhaltensregeln: Kein Blitzlicht, kein Füttern, kein Anfassen – der Schutz der Tiere steht an erster Stelle. Besucher sollten stets auf Abstand bleiben und den Tieren mit Respekt begegnen.
Warum ist Sepilok so wichtig für den Artenschutz?
Die auf Borneo lebenden Orang-Utans gehören zur Art Pongo pygmaeus und gelten laut der Roten Liste der IUCN als stark gefährdet. Hauptursachen sind Lebensraumverlust, illegale Jagd und Wildtierhandel. Das Sepilok Centre leistet daher nicht nur unmittelbare Hilfe für einzelne Tiere, sondern auch einen Beitrag zum langfristigen Erhalt der gesamten Population. Es dient als Modell für viele ähnliche Projekte in Südostasien und arbeitet eng mit internationalen Organisationen, Universitäten und Artenschutzeinrichtungen zusammen.
Dabei spielt der angrenzende Kabili-Sepilok Forest Reserve eine zentrale Rolle. Der Regenwald dient nicht nur als Rehabilitationsfläche, sondern auch als Rückzugsraum für freilebende Tiere. Der Schutz dieses Ökosystems ist eng mit dem Überleben der Orang-Utans verbunden. Durch wissenschaftliche Studien im Zentrum konnte zudem das Verhalten und die Entwicklung junger Orang-Utans besser verstanden werden – wertvolles Wissen für die weltweite Erhaltungsarbeit.
Das Sepilok Orangutan Rehabilitation Centre ist weit mehr als nur eine Touristenattraktion – es ist ein Symbol für erfolgreichen Artenschutz und respektvollen Ökotourismus. Wer Borneo bereist, sollte diesen einzigartigen Ort nicht verpassen. Hier wird sichtbar, wie Mensch und Tier doch gemeinsam für eine bessere Zukunft kämpfen können. Ein Besuch in Sepilok ist nicht nur lehrreich, sondern auch zutiefst bewegend und hinterlässt bei vielen ein neues Bewusstsein für die Bedeutung des Naturschutzes.